Original von siese
Habe gerade den Grünen in Bielefeld den folgenden Brief geschrieben:
Wilhelm Achelpöhler Staufenstraße 39 48145 Münster
Münster, den 26. Mai 2010
An die Mitgliederversammlung von
Bündnis 90/Die Grünen Bielefeld
Liebe Freundinnen und Freunde,
Ihr beratet heute auf einer Mitgliederversammlung über die Frage: soll die Stadt Bielefeld dem DSC Arminia Bielefeld einen Kredit geben, um auf diese Weise den Verein zu retten.
Mit diesem Brief möchte ich zunächst zum Ausdruck bringen, dass Eure Diskussion auch außerhalb von Bielefeld mit Interesse verfolgt wird. Ich bin kein Bürger von Bielefeld, sondern von Münster. Doch mit Bielefeld verbindet mich einiges, ich habe meine Schulzeit in Bielefeld verbracht und verfolge seither fußballerische Geschehen um Arminia Bielefeld mit großer Sympathie.
In den Jahren 1998 bis 2008 war ich Mitglied des Kreisvorstandes der Grünen/GAL in Münster, zuletzt jahrelang als Sprecher des Vorstands. Auch wir Grünen in Münster hatten manche Debatte um Fußball und Politik, der wir nicht aus dem Weg gegangen sind. Als ein Investor dem hiesigen Verein den Neubau eines Bundesligastadions versprach, wenn ihm die Stadt Münster als Gegenleistung Grundstück und Baurecht für ein über 40.000 qm großes Einkaufszentrum gibt, haben wir uns dem widersetzt. Das hat uns damals keine Freunde im Verein verschafft: als einzige Partei wurden wir nicht zur 100 Jahrfeier der Preußen eingeladen. Aber: wir haben auch damals das Interesse an attraktivem Profifußball in unserer Stadt geteilt und die Pläne für den Bau eines Stadions unterstützt, daran sollte sich auch die Stadt finanziell beteiligen. Im vergangenen Jahr wurde diese Zusage erfüllt und der derzeit in der Regionalliga spielende Verein erhielt von der Stadt Münster einen Zuschuss in Höhe von 5 Millionen Euro für den Bau einer Tribüne.
Münster und Bielefeld, diese Städte verband lange Jahre eine ausgeprägte sportliche Rivalität. Doch auch wenn es vermutlich die meisten Fans von Preußen Münster weit von sich weisen würden: hier hätten viele gern einen Verein, der den Bürgerinnen und Bürgern seiner Stadt ein sportliches Angebot machen kann wie Arminia den Bielefeldern! Arminia Bielefeld ist eine Bereicherung für die das Leben der Bürgerinnen und Bürger Bielefelds! Die Alm ist der Ort,wo Tausende Menschen gespannt die Dramen und Tragödien verfolgen, die sich dort auf dem Rasen abspielen - weit mehr Menschen als in jedem Theater. Die Alm ist der Ort, wo in den letzten Jahren die “Großen Tiere” der Fußballwelt bestaunt wurden. Die Alm ist ein Ort der Begegnung von Generationen. Und noch lange nachdem die jeweilige “Spielzeit” beendet ist wird über manche Spiele und Spieler gesprochen - länger als über manche Inszenierung auf der Schauspielbühne. Jedem von euch fallen vermutlich spontan die Namen von Spielern der Arminia ein, die schon lange nicht mehr in Bielefeld sind.
Das Ende für diesen Verein wäre deshalb ein Verlust für die Bürgerinnen und Bürger Bielefelds - und natürlich auch der Fußballfreunde weit über die Stadt Bielefeld hinaus. Ein Verlust, durch den über Jahrzehnte Geschaffenes unwiederbringlich verloren ginge. Damit meine ich nicht nur die vielfältige Arbeit des Vereins, sondern auch das bei den Bürgerinnen und Bürgern erworbene “soziale Kapital”. Der Verlust wäre ein endgültiger. Ob ein Schwimmbad geschlossen wird, oder wieder eröffnet wird - das hängt allein vom politischen Willen eines Stadtrates ab. Einen Bundesligaverein kann man aber nicht durch städtischen Haushaltsplan wiederbeleben. An Vereinen wie der TSG Hoffenheim kann man erkennen, welch enorme Beträge aufzuwenden sind, um einen Verein in den Profifußball zu führen. Der Verzicht auf das Darlehn für Arminia wäre der Verzicht auf diese geschaffenen Werte.
Es mag unter dem Gesichtspunkt der “Standortpolitik” gleichfalls manches für eine Unterstützung des Vereins sprechen. Doch das ist für mich nicht der entscheidende Gesichtspunkt, denn als “Standortpolitik” wird häufig eine Politik gerechtfertigt, bei der nicht der Mensch, sondern die Wirtschaft im Mittelpunkt steht. Mit dem Gesichtspunkt der “Standortpolitik” wird der Bau von Autobahnen ebenso gerechtfertigt, wie der Abbau von Sozialleistungen oder die Zerstörung einer sozialen Infrastruktur. Wir sollten uns als Grüne diesem Diskurs nicht unterordnen, sondern die schlichte Interesse der Menschen an einem guten Leben in den Mittelpunkt unserer Politik stellen. In wirtschaftlich angespannten Zeiten wird man dabei auf manche Verbesserung verzichten müssen, in solchen Zeiten wird man sich vor allem bemühen müssen, Erreichtes zu sichern.
Deshalb mein Appell:
Setzt auf Eure Agenda des Jahres 2010 nicht das Ende von Arminia Bielefeld!
Setzt auf Eure Agenda nicht die sportliche Verarmung Eurer Stadt und Eurer Region!
Ein anderes Wort aus dem Jahr 2003 freilich kann aber für Arminia Bielefeld durchaus gelten: Das Wort vom “Fördern und Fordern”! Blankoschecks solltet Ihr nicht verteilen.
Mit freundlichen grünen Grüßen
Wilhelm Achelpöhler